Umfrage zu Enteignung von großen Immobilienunternehmen

Dubiose Umfrageergebnisse oder nicht? Unsere Untersuchungsergebnisse

Hier zuerst die Daten, entnommen der Webseite der Firma, und dann die Erklärung.

Frage: Befürworten Sie die Idee, große Immobilienkonzerne zu enteignen und in Gemeineigentum zu überführen?
Zielgebiet: Berlin
Quelle:
Antwort: „Repräsentativ“ „Repräsentativ“ „Rohdaten“ „Rohdaten“ Differenz der Stimmen
  Ergebnis in % Ergebnis in Stimmen Ergebnis in % Ergebnis in Stimmen Rohdaten – Repräsentativ
          (= ignorierte Abstimmungen)
Ja, auf jeden Fall 29,50 % 295,59 42,60 % 640,704 345,114
           
Eher ja 16,50 % 165,33 12,20 % 183,488 18,158
           
Unentschieden 7,90 % 79,158 4,70 % 70,688 -8,47
           
Eher nein 14,70 % 147,294 12,00 % 180,48 33,186
           
Nein, auf keinen Fall 31,40 % 314,628 28,50 % 428,64 114,012
           
           
Anzahl gesamt   1002   1501  
           
Umfragedaten          
           
Stichprobengröße 1002        
           
Statistischer Fehler 5,60 %        
           
Teilnehmer 1504        
           
Zielgruppe Berlin        
           
Befragungszeitraum 18.10.19 - 22.10.19        
           
Abgeschlossen Umfrage beendet        


Erläuterung: Es wurden insgesamt 1504 Personen befragt, die zum Umfrageergebnis beitrugen. Deren Abstimmungen ("Rohdaten" genannt) wurden laut Webseite durch ausgefeilte modernste Algorithmen (eben die firmeneigenen geheimen...) verarbeitet und daraus eine "repräsentative Stichprobe" aus nur noch 1002 Abstimmungen ausgewählt.

Bemerkung: Die publizierten gerundeten Prozentzahlen mussten wir zurückrechnen auf die Stimmenzahl, durch die Rundungsfehler sind jetzt keine ganzzahligen Stimmenzahle mehr sichtbar, dies kann man jedoch getrost ignorieren (die Summe stimmt jedenfalls)

Angezeigt wird jedem, der die Seite aufruft, zuerst die Stichprobe. Klein rechts unten wird ein kaum als Umschalter kennbarer unscheinbar kleiner Knopf eingeblendet, mit dem man von "Stichprobe" auf "Rohdaten" umschalten kann.

Und diese Umschaltung ändert nun alles: Plötzlich sind weit mehr Abstimmungen für die Enteignung sichtbar!

Interessant ist der Unterschied zwischen den Ergebnissen aus Rohdaten und Stichprobe. So hat man aus den Rohdaten mehr als die Hälfte der "Ja"-Stimmen entfernt, jedoch nur knapp ein Viertel der Stimmen für "Nein" und ein Zehntel der Stimmen aus den anderen Kategorien (sichtbar in der äußersten rechten Spalte der Tabelle). Dies mag man einem Algorithmus zuschreiben, der nach unbekannten Kriterien (!) ungültige Stimmen verwirft. Dieser Algorithmus muss dann aber als "sehr merkwürdig selektiv" deklariert werden...

Was jedoch sehr bedenklich stimmen sollte, ist die Feststellung, dass dieser Algorithmus offenbar Stimmen aus dem Nichts erzeugen kann, indem er für die Rubrik Unentschieden aus rund 71 abgegebenen Stimmen in den Rohdaten jetzt ca. 79 Stimmen in der Stichprobe produziert.

Und dies darf muss man wohl als eigentlich ausgeschlossen bezeichnen.

Mal ganz abgesehen davon, dass nirgends eine Warnung erscheint, wenn Stichprobe und Rohdaten so weit voneinander abweichen, ist auch nur bei sehr gutem Augenmerk die Umschaltmöglichkeit erkennbar. Die Art der Manipulation wird sowieso erst beim Nachrechnen deutlich.

Allen Nutzern von Umfrageergebnissen dieser Art wäre also anzuraten, sehr stark eine Manipulationsmöglichkeit zu welchen Zwecken auch immer sehr gründlich und mit Fachkenntnis zu hinterfragen. Dies geht vor allem an Medien, die sehr stark komprimieren und verkürzen (müssen? Wirklich?) und dies dann publizieren.

NACHBEMERKUNG: Inzwischen kam ein Hinweis auf einen Zeitungsartikel, der über diese Umfrage berichtet (vielen Dank dafür!), aber leider auch nicht auf Details des Verfahrens eingeht:

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1127798.enteignung-sozialisierung-bleibt-populaer.html